Sport und Infekt -
Wie kann man Infekten vorbeugen

Sport und Infekt -
Wie kann man Infekten vorbeugen

Das Immunsystem reagiert auf alle Formen sportlicher Belastung, wobei intensive Belastungen die Immunabwehr eher überfordern können als extensive.

Auswirkungen von Stresssituationen auf das Immunsystem

Das Immunsystem arbeitet am Anschlag, wenn psychische Stresssituationen hinzukommen. Solche Stresssituationen sind im Leistungssport an der Tagesordnung, besonders dann, wenn sich der Athlet im Grenzbereich seiner Leistungsfähigkeit bewegt. Von den zahlreichen Beispielen sei das Schicksal des 29-jährigen Sprintkönigs bei der Tour de France, A. Petacchi (I), angeführt. Nach der anstrengenden Rundfahrt (Giro d’Italia), bei der er sechs Etappensiege errang, hat er bei der anschließenden Tour de France vier Sprintsiege gewonnen, um dann bei einer nachfolgenden Etappe beim Berganfahren erschöpft und mit Fieber aufzugeben. Die anhaltende Stresssituation erschöpft das immunologische Abwehrpotenzial auch von Hochtrainierten und macht sie anfällig gegenüber Bakterien oder Viren. Eine Belastungsintensität im Training mit Laktatwerten über 5 mmol/l und längerer Dauer ist neben der Wettkampfsituation ein weiterer bedeutender Störfaktor. Der Ausbruch von Infekten steht demnach im Spannungsfeld zwischen dem aeroben Grundlagentraining (GA 1-Belastungen), dem aerob-anaeroben Training (GA 2-Belastungen) sowie Wettkämpfen. Die anaeroben Komponenten im Leistungstraining haben die größten Einflüsse auf die Reaktion des Immunsystems, indem sie deren Abwehrfähigkeit vermindern. Aerobe Trainingsbelastungen in Ausdauer- und Nichtausdauersportarten belasten das Immunsystem nicht so sehr.

Moderates Training stärkt die Abwehr

Wissenschaftlich ist gesichert, dass ein moderates aerobes Training oder allgemeines Training zu einer Stärkung der immunologischen Abwehr führt und vorteilhafter ist als körperliche Untätigkeit oder Schonung. Der Freizeitsport insbesondere erhöht die gesundheitliche Stabilität.

Das ständige Training an der individuellen Leistungsgrenze kann allerdings eine Überforderung der körpereigenen biologischen Abwehr bewirken bzw. die Abwehrfunktion des Immunsystems überfordern. Sportler mit häufigen Infekten erreichen kaum Spitzenleistungen, da auf Grund der Trainingsausfälle die Gesamtbelastung vermindert ist.

Aerobe Langzeitbelastungen, die in ständiger Energienot ausgeführt werden, führen zu einem starken Anstieg des Dauerstresshormons Cortisol, und dieses hemmt das Immunsystem besonders. Der Marathonlauf ist dafür ein praktisches Modell.

Nach dem Los-Angeles-Marathon hatten von den Startern 14 % und von den Nichtstartern (gesunde Absager) nur 2 % eine Woche danach Atemwegsinfekte. Wettkämpfe bis zur Halbmarathondistanz haben dagegen ein geringeres Infektrisiko als längere Läufe. Beim Camorades-Marathon in Südafrika (90 km) erlitten bis zu zwei Wochen danach 68 % der Finisher einen Infekt der oberen Luftwege. Die Läufer, die drei Wochen vor dem Lauf täglich 300 mg Vitamin C einnahmen, erkrankten weniger häufig.

Gegenwärtig ist es noch nicht möglich, ein individuell verträgliches Belastungsmaß festzulegen, welches gesundheitsförderlich ist und zugleich die Ausnutzung persönlicher Belastungsgrenzen erhöht.

Wodurch wird eine verminderte Abwehr verursacht?

Die erhöhte Anfälligkeit von Leistungssportlern gegenüber Erkältungskrankheiten steht wahrscheinlich mit der belastungsbedingten Verminderung der Immunabwehr im Zusammenhang. Die Erkrankungen bei den Leistungssportlern sind meist auf die oberen Atemwege begrenzt.

Das Immunsystem hat neben der Keimabwehr eine weitere bedeutende Aufgabe. Die Aufräumarbeiten bei den belastungsbedingten Strukturzerstörungen im Muskel muss nämlich auch das Immunsystem leisten. Die bei der Muskelüberlastung freigesetzten Protein-Bruchstücke rufen eine Entzündungsreaktion hervor und müssen vom Immunsystem als eigen („Selbst“) oder fremd („Nicht selbst“) identifiziert sowie neutralisiert werden. Das Immunsystem „bekämpft“ die Produkte des Zellzerfalls und Zellabbaus mit denselben Mitteln wie eingedrungene Fremdstoffe. Damit befindet sich das Immunsystem der Sportler in einem ständigen Training beim Abbau muskulärer Zerfallsprodukte und verschlissener Strukturproteine.

Die für Aufräumarbeiten eingesetzte immunologische Kapazität steht dann aber nicht mehr für die Abwehr von Keimen zur Verfügung. Das ständige Aufräumen von „Muskeltrümmern“ bedingt, dass das biologische Abwehrpotenzial gegenüber eindringenden Keimen geschwächt sein kann. Besonders exzentrische Belastungen (Bergablauf) und alle Formen ungewohnter kurzzeitiger hoher Intensitätsbelastung (schnelles Laufen) schwächen die Immunabwehr.

Unabhängig von der belastungsbedingten Häufung von Infekten der oberen Luftwege gibt es noch die bekannte saisonale Häufung von Erkältungskrankheiten der oberen Luftwege. Deren Spitzen liegen im Frühjahr und Winter und betreffen bis zu 20 % der Leistungssportler, während die Gesamtbevölkerung nur zu etwa 5 % betroffen ist. Die höhere Infektrate bei Leistungssportlern resultiert auch daraus, dass diese unabhängig von der Witterung trainieren. Eine Verminderung der Infekte der oberen Luftwege ist nicht durch Einzelmaßnahmen allein möglich.
Vorbeugend können wirken:

  • engmaschige qualifizierte sportmedizinische Betreuung,
  • die Einhaltung des Belastungs-Pausen-Verhältnisses von 3:1,
  • Leistungstraining in Übergangszeiten in warmen Klimazonen und
  • Durchführung allgemeiner und medikamentös gestützter Maßnahmen zur Förderung der körpereigenen Immunabwehr.

Nach hohen psychophysischen Beanspruchungen bei Wettkämpfen, Wettkampfserien, Trainingslagern, Höhentraining, Hitzetraining u. a., ist in den nachfolgenden 1 bis 3 Tagen mit einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber Erkrankungen zu rechnen. In dieser Zeit besteht eine Schwachstelle, die das Ansiedeln von Krankheitserregern begünstigt. Bahnen sich im Leistungstraining Gesundheitsstörungen oder Infekte der oberen Luftwege an, dann ist die Belastungsverminderung (oder Pause) der beste Schutz. Die Entlastung sichert am wirksamsten die Funktionsfähigkeit des Immunsystems und fördert die Abwehrleistung. Medikamente können die körpereigene Immunabwehr unterstützen, aber nicht die körperliche Entlastung ersetzen.

 

Prof. Dr. med. habil. Georg Neumann
Leipzig

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