Cholin entdecken: Warum das ehemalige Vitamin B4 so wichtig ist

Cholin entdecken: Warum das ehemalige Vitamin B4 so wichtig ist

Alles Wichtige zu Cholin (ehemals Vitamin B4): seine Bedeutung für die Gesundheit von Gehirn, Leber und Herz sowie die Risiken einer Cholin-Unterversorgung.

Cholin ist ein essentieller Nährstoff, der für die Gesundheit von Gehirn, Leber und Herz unverzichtbar ist. Erfahren Sie hier, warum Cholin wichtig ist, welche Lebensmittel es enthalten und welche Folgen ein Mangel haben kann.

Die Geschichte von Vitamin B4

Vitamin B4 war Teil der frühen Einordnung von Vitaminen. Es wurde 1849 zunächst als Nährstoff identifiziert, der für das normale Wachstum und die Gesundheit benötigt wird. 1862 fand Adolph Strecker bei Untersuchungen von Schweinegalle heraus, dass die Substanz, die als Vitamin B4 bekannt war, in Wirklichkeit Cholin ist, ein Molekül, das für den Stoffwechsel von Fett und für die Bildung von Zellmembranen wichtig ist.1,2,3

 

Im Gegensatz zu klassischen Vitaminen ist Cholin ein Vorläufermolekül, das der Körper in begrenzten Mengen selbst herstellen kann, aber oft durch die Nahrung ergänzt werden muss. Diese Unterscheidung führte zur Neubewertung von Vitamin B4 und schließlich zur Umbenennung zu Cholin.2,4

Was ist Cholin?

Cholin ist eine wasserlösliche, vitaminähnliche Substanz, die wichtig für viele biologische Prozesse ist, etwa für die Struktur und Funktion von Zellmembranen. Der Körper braucht es außerdem, um den Botenstoff Acetylcholin zu bilden. Die EFSA empfiehlt Erwachsenen, täglich 400 Milligramm Cholin aufzunehmen.1

 

Im Körper wird Cholin hauptsächlich in der Leber produziert, wo es aus Phosphatidylethanolamin durch Enzyme zu Phosphatidylcholin umgewandelt wird. Insbesondere in Zeiten erhöhten Bedarfs, wie während des Wachstums, in der Schwangerschaft und Stillzeit oder bei intensiver körperlicher Aktivität, reicht die körpereigene Produktion oft nicht aus, um den Cholinbedarf zu decken.3,5

 

Diese Funktionen hat Cholin im Körper

Cholin erfüllt mehrere wichtige Funktionen im menschlichen Körper. Eine davon: Es hält die Struktur der Zellmembranen aufrecht. In Form von Phosphatidylcholin ist es der Hauptbestandteil der Zellmembranen. Es gewährleistet die ungestörte Funktion der Zellen.3

Cholin ist zudem unerlässlich für die Produktion des Botenstoffs Acetylcholin, der eine Schlüsselrolle in der Übertragung von Nervenimpulsen spielt. Acetylcholin ist wichtig für die Gedächtnisbildung, das autonome Nervensystem und es steuert Muskelbewegungen. 3

Darüber hinaus ist Cholin am Fettstoffwechsel beteiligt. Es fördert den Transport und den Abbau von Fetten in der Leber, was hilft, die Ansammlung von Fett in der Leber zu verhindern und die allgemeine Lebergesundheit zu unterstützen. 1,3

Schließlich spielt Cholin eine Rolle beim Aufbau und bei der Reparatur der Erbsubstanz DNA. Es ist darüber hinaus maßgeblich an der gezielten Aktivierung von Genen beteiligt und trägt so zum Erhalt der gesunden Zellfunktion bei. Und es hilft dabei, Gen-Mutationen zu vermeiden.6

Cholin in der Ernährung

Die Aufnahme von Cholin über die Nahrung ist notwendig, da der Körper zwar in der Lage ist, Cholin selbst zu bilden, jedoch oft nicht in ausreichender Menge. Nur wenige Lebensmittel enthalten größere Mengen des Nährstoffs. Zu den Cholin-reichen Nahrungsquellen gehören:

 

  • Eier: Besonders das Eigelb ist eine der besten natürlichen Quellen für Cholin.
  • Fleisch: Vor allem Innereien wie Herz und Leber sind reich an Cholin, aber auch mageres Fleisch wie Hühnerbrust enthält größere Mengen.
  • Fisch: Fetter Fisch wie Lachs und Kabeljau liefert neben wertvollen Omega-3-Fettsäuren auch nennenswerte Mengen an Cholin.
  • Nüsse und Samen: Besonders Erdnüsse, Sonnenblumenkerne und Leinsamen sind gute pflanzliche Cholinquellen.
  • Grünes Blattgemüse: Gemüse wie Brokkoli, Spinat und Rosenkohl enthalten ebenfalls Cholin, wenn auch in geringeren Mengen im Vergleich zu tierischen Produkten.

Durch den regelmäßigen Verzehr dieser Nahrungsmittel kann der Cholinbedarf des Körpers grundsätzlich gut gedeckt werden.3

 

Wichtig: Menschen, die sich vegan oder vegetarisch ernähren, müssen besonders darauf achten, genügend Cholin über pflanzliche Nahrungsmittel aufzunehmen, da gute Cholin-Quellen, wie etwa Eier, Fleisch und Fisch, in ihrer Ernährung fehlen. Eine Versorgung mit Cholin ist aber auch über eine rein pflanzliche Ernährung möglich. Pflanzliche Quellen wie Nüsse, Samen, Sojabohnen und grünes Blattgemüse sollten daher in die Ernährung eingeplant werden. Da die Cholinmenge in pflanzlichen Lebensmitteln oft niedriger ist als in tierischen Produkten, ist es für eine vegane oder vegetarische sinnvoll, größere Mengen dieser Nahrungsmittel regelmäßig auf den Speiseplan zu setzen.7

Welche Folgen hat eine Cholin-Unterversorgung?

Eine Cholin-Unterversorgung kann vermutlich gesundheitliche Folgen haben, da Cholin eine wichtige Rolle für viele Vorgänge im Körper spielt. Eine Unterversorgung an Cholin kann möglicherweise das Risiko für Gedächtnisverlust und kognitive Beeinträchtigungen wie zum Beispiel Konzentrationsschwierigkeiten und vermindertes Erinnerungsvermögen erhöhen. Denn Cholin wird für die Produktion von Acetylcholin gebraucht. Da das für die Gehirnfunktion wichtig ist,  könnte eine Unterversorgung an Cholin diese Funktionen beeinträchtigen.1,3

 

Ein weiterer Bereich, der stark von einem Cholinmangel betroffen ist, ist die Lebergesundheit. Cholin ist essentiell für den Fettstoffwechsel in der Leber. Ohne ausreichend Cholin kann es zu einer Ansammlung von Fett in der Leber kommen, was eine Fettlebererkrankung (nicht-alkoholische Fettleber) zur Folge haben kann. Diese Erkrankung kann langfristig zu einer Leberentzündung führen.3,8

 

Darüber hinaus erhöht eine Cholinunterversorgung möglicherweise auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Denn Cholin ist an der Regulation des sogenannten Homocysteinspiegels im Blut beteiligt. Höhere Konzentrationen von Homocystein, einer Aminosäure, stehen mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall in Verbindung. Ein ausreichender Cholinspiegel hilft, den Homocysteinspiegel zu senken und vermindert dadurch möglicherweise das Risiko für solche Erkrankungen.8

 

Eine schwerere Cholinunterversorgung ist bei gesunden Menschen allerdings selten, selbst wenn sie weniger als die empfohlene Menge aufnehmen. Das liegt daran, dass der Körper bei niedriger Cholinzufuhr seine Eigenproduktion nach oben fährt. Dadurch bleibt der Plasma-Cholinspiegel selbst bei Menschen, die länger als eine Woche gefastet haben, über 50 Prozent des Normalwerts. Ein erhöhtes Risiko für eine unzureichende Versorgung haben vor allem Schwangere. Gleiches gilt für Menschen mit genetischen Veränderungen, die den Stoffwechsel von Cholin, Folsäure und Methionin beeinflussen. Auch Patientinnen oder Patienten, die ausschließlich künstlich ernährt werden, haben ein erhöhtes Risiko für eine Cholin-Unterversorgung1

Mehr entdecken:

Quellenangaben

 

1. Schuster, Nicole: Was ist Cholin und wofür ist es wichtig?  In: Pharamzeutische Zeitung 2024. Link (Abrufdatum: 23.08.2024)

2. Pschyrembel online: Cholin. Link (Abruf: 23.08.2024)

3. Ströhle, Alexander et al.: Cholin – Ein Nährstoff mit Vitamincharakter? In: Bundeszentrum für Ernährung – Ernährung im Fokus 2019. Link (Abruf: 23.08.2024)

4. Nicolov, M. et al.: Hydrosoluble and Liposoluble Vitamins: New Perspectives through ADMET Analysis. In: Medicina 2021. Link (Abruf: 23.08.2024)

5. Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr: EFSA veröffentlicht Empfehlungen zu Cholin. 2016. Link (Abruf: 23.08.2024)

6. Zeisel, Steven H.: Dietary Choline Deficiency causes DNA Strand Breaks and Alters Epigenetic Marks on DNA and Histones. In: Mutant Res. 2012. Link (Abruf: 23.08.2024)

7. Kolm, Markus: Cholin: Versorgung bei veganer Ernährung. Vegane Gesellschaft Österreich 2024. Link (Abruf: 23.08.2024)

8. Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit: Scientific Opinion on the substantiation of health claims related to choline and contribution to normal lipid metabolism (ID 3186), maintenance of normal liver function (ID 1501), contribution to normal homocysteine  metabolism (ID 3090), maintenance of normal neurological function (ID 1502), contribution to normal cognitive function (ID 1502), and brain and neurological development (ID 1503) pursuant to Article 13(1) of Regulation (EC) No 1924/2006. Link (Abruf: 23.08.2024)