Hafer
(Avena sativa)

Hafer
(Avena sativa)

Hafer wird auf den ersten Blick meist nicht als Arzneipflanze erkannt. Doch aus dem Getreide entstehen nicht nur leckere Frühstücksflocken: Haferstroh, Haferkorn und Haferkraut bilden drei ganz unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten für die Gesundheit. Wie der Allrounder zum Einsatz kommt und welche Inhaltsstoffe darin stecken...

Warum der Hafer als hochwertigste Getreidesorte in Europa bezeichnet wird

Hafer (Avena sativa L.) ist eine weitverbreitete Kulturpflanze, die zu den Rispengräsern zählt. Hafer bildet seine Blüten am Ende eines hohlen, aufrecht wachsenden Stängels. Die Anordnung der Haferblüten ist rispenförmig. Während des Reifeprozesses entstehen von Spelzen umgebene Haferkörner. Im Gegensatz zu anderen Getreidesorten wie Weizen und Roggen sind die Körner des Hafers nicht mit den Spelzen verwachsen.

In der Heilpflanzenkunde bezeichnet der Begriff ‚grüner Hafer‘ die kurz vor der Vollblüte geernteten, schnell getrockneten, bei der Ernte noch grünen oberirdischen Teile der Pflanze. Darüber hinaus gilt die Bezeichnung gleichermaßen für den frischen, nicht getrockneten Hafer. Der grüne Hafer erwarb sich vorwiegend in der Volksmedizin einen herausragenden Ruf.

 

Welche Lebensmittel enthalten Hafer?

Mehrere typische Beispiele für haferhaltige Nahrungsmittel und Zubereitungen mit Hafer sind:

  • Haferflocken – dienen als ideale Grundzutat für jedes Müsli oder auch für ‚Overnight Oats‘
  • Haferkleie – verfeinert Suppen, Milchspeisen, Smoothies und vieles mehr
  • Haferbrei, Haferschleim (Porridge) – perfekt für ein vollwertiges Frühstück
  • Haferbrot – mit einem leicht nussigen und herzhaften Geschmack
  • Haferdrink – als leckere Alternative zu Kuhmilch

Hafer ist reich an wertvollen Inhaltsstoffen, kann vielseitig verwendet werden und steht bei vielen Menschen täglich auf dem Speiseplan. Für die gesunde Ernährung ist der Hafer somit ein echter Alleskönner und eignet sich bereits für Babys und bis ins hohe Alter.

 

Schon gewusst?

Obwohl Haferflocken aus dem ganzen Korn hergestellt werden und Haferkleie nur aus der äußeren Schicht bzw. dem Keimling besteht, enthält die Haferkleie die meisten Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente.

 

Ernährungsphysiologisch wertvoll: Hafer ist eine wahre Vitalstoffbombe!

Die länglichen, dünnen Körner des Hafers enthalten einen beeindruckenden Cocktail an Inhaltsstoffen:

  • Aminosäuren: Sie liefern das für den Aufbau der körpereigenen Eiweiße notwendige Baumaterial und sind an der Energieversorgung der Zellen beteiligt.
  • Vitamine der B-Gruppe, vorwiegend Pantothensäure (B5) und Thiamin (B1): Pantothensäure ist Träger von Zellenergie und kurbelt die Zellatmung an. Darüber hinaus ist Pantothensäure ein „Schönheitsvitamin“, es hilft beim Aufbau von Farbstoffen in der Haut und in den Haaren. Thiamin unterstützt die Reizübertragung der Nerven in Muskulatur und Gehirn.
  • Vitamin E: Dieses Immunschutz-Vitamin schirmt die Zellen gegen freie Radikale ab.
  • Phosphor: Der Mineralstoff stellt eine wertvolle Bausubstanz für Knochen und Zähne dar. Er schützt die Neuronen und regt die Energiegewinnung in den Körperzellen an.
  • Eisen: Dieses Spurenelement unterstützt beim Transport von lebensnotwendigen Sauerstoff über das Blut in die Zellen.
  • Mangan: Ein Element, welches unerlässlich ist für Enzyme die den Abbau von Kohlenhydraten und Fette  in den Mitochondrien unterstützen. Darüber hinaus ist Mangan zusammen mit Enzymen beim Aufbau von Knorpelmasse unverzichtbar.
  • Kalium: Das Mineral bringt den Stoffwechsel in Schwung. Kalium ist das bedeutendste Kation im inneren der Zelle und ist es an der Funktion jeder Zelle (Potenzialdifferenz, Zellwachstum) beteiligt.
  • Zink: Es existiert nahezu keine Heilpflanze, die es mit dem Zinkgehalt von Hafer aufnehmen könnte. Zink ist Bestandteil von rund 300 Enzymen und auf vielfältige Weise am Stoffwechsel beteiligt. Gemeinsam mit Vitamin C wird Zink für die Kollagenbildung benötigt und kann das Bindegewebe stärken. Zusätzlich beteiligt sich Zink unmittelbar an der Synthese von Neurotransmittern, sogenannten Botenstoffen.
  • Die in der Pflanze enthaltene Kieselsäure rechtfertigt die Verwendung von Haferstroh als Badezusatz.

 

Warum sind nicht alle Hafer-Produkte glutenfrei?

Von Natur aus ist der Hafer glutenfrei, da er genetisch kein Weizenverwandter ist und auch sonst mit keinem anderen glutenhaltigen Getreide verwandt ist. Doch Hafer ist nicht gleich Hafer: die meisten Produkte im Handel werden aus ‚normalem Hafer‘ hergestellt und enthalten tatsächlich Gluten - sie sind somit ungeeignet für eine glutenfreie Ernährung oder bei Glutenintoleranz.

Denn während des Anbau- und Verarbeitungsprozesses kommt der ursprünglich glutenfreie Hafer häufig mit Spuren von Weizen, Roggen oder ähnlichen glutenhaltigen Getreidesorten in Berührung. Dies ist völlig normal und geschieht meistens schon direkt bei der Ernte durch Mähdrescher und andere Maschinen, später dann beim Transport durch z. B. mehrfach benutzte Kisten und Säcke sowie bei der Verarbeitung durch universelle Maschinen, in denen auch andere Getreidearten verarbeitet werden.

Damit Hafer aber nun tatsächlich ohne Gluten bleibt sind bestimmte Bedingungen im Produktionsverlauf zu erfüllen, die all diese Verunreinigungen unmöglich machen. Achten Sie deshalb bei einer Glutenunverträglichkeit unbedingt auf die Bezeichnung ‚Glutenfrei‘ beim Kauf von Haferprodukten.

 

Pharmazeutisch relevante Pflanzenbestandteile des Hafers

Die arzneilich verwendeten Pflanzenteile von Hafer sind:

  • die entspelzten Körner des Hafers (Heilkunde, Nahrungsmittel)
  • der frisch blühende Hafer (Homöopathie)
  • grüner Hafer und Haferstroh (Naturheilkunde, Volksmedizin)

 

Besser schlafen mit Hafer?

Neben unzähligen wertvollen Ingredienzien enthält Hafer eine Substanz von herausragender Bedeutung: das sogenannte Avenin. Avenin ist ein Indol-Alkaloid, welches sich durch eine beruhigende Eigenschaft auszeichnet.

Aber nicht nur das Haferkorn, sondern auch das Haferstroh ist von naturheilkundlicher Bedeutung. Die traditionelle Volksmedizin verwendet Hafer in Form von Haferstroh-Tee und Bädern gegen Einschlafprobleme und Schlaflosigkeit.

Kohlenhydratreiche Nahrungsmittel aus Vollkorn können ebenfalls beim schnelleren Einschlafen helfen. Forscher haben dazu in mehreren Studien die Auswirkungen von verschiedenen Lebensmittel am Abend bei Sportlern untersucht: Der Verzehr von Haferflocken zum Abendessen fördert die Produktion des Hormons Melantonin, welches nachweislich eine beruhigende Wirkung hat. Hafer eignet sich demnach also nicht nur als Zutat für ein schmackhaftes Frühstück, sondern ist auch abends eine echte Empfehlung um Einschlafschwierigkeiten besser in den Griff zu bekommen.

 

Hafer (Avena sativa) in der homöopathischen Verwendung

Auch in der Homöopathie wird Hafer entsprechend seines homöopathischen Arzneimittelbildes bei Erschöpfungszuständen und Schlafstörungen angewandt. Dabei wird die ganze, frische Hafer-Pflanze zur Zeit der Milchreife der Früchte in der anthroposophisch orientierten Therapie angewendet. Ferner nutzt man die frischen, zur Blütezeit gesammelten, oberirdischen Teile der Pflanze zur Behandlung von Schlaflosigkeit, Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen, als auch bei nicht erholsamem Schlaf.

In dormiLoges® Schlaftropfen wird Hafer als nicht potenzierte Urtinktur verwendet. Urtinkturen bilden die Basis für homöopathische Arzneimittel.

Quellenangaben

Porter, JM.; Horne, JA. Bed-time food supplements and sleep: Effects of different carbohydrate levels. Electroencephalogr. Clin. Neurophysiol. 1981, 51, 426–433.
Ramis, M.; Esteban, S.; Miralles, A.; Tan, D.-X.; Reiter, R. Protective effects of melatonin and mitochondria-targeted antioxidants against oxidative stress: A review. Curr. Med. Chem.2015, 22, 2690–2711.