Schlangenwurzel (Rauwolfia): Natürlich gegen innere Unruhe

Schlangenwurzel (Rauwolfia): Natürlich gegen innere Unruhe

Rauwolfia – auch Schlangenwurzel – ist eine Heilpflanze, deren charakteristische Wurzel in Indien eine lange Tradition als natürliches, beruhigendes Heilmittel hat. Bestimmte Extrakte der Schlangenwurzel wie Reserpin werden heute vor allem homöopathisch verwendet.

Was ist Schlangenwurzel?

Die Schlangenwurzel ist oft besser unter ihrem botanischen Namen Rauwolfia bekannt. Es handelt sich um eine immergrüne, aufrecht wachsende Pflanze aus der Familie der Hundsgiftgewächse (Apocynaceae). Sie ist beheimatet in den feuchten Laubwäldern Afrikas und Südostasiens, unter anderem in Indien, Myanmar, Bangladesch, Sri Lanka und Malaysia. Die zwischen 60 und 90 Zentimeter hohe Pflanze hat hellgrüne, längliche Blätter und bildet im Frühjahr kleine, weiße oder rosafarbene Blüten, später dann knollige Früchte aus. In der Naturheilkunde kommen aber vor allem ihre markanten Wurzeln zum Einsatz.1

 

Insbesondere in Indien kommt Rauwolfia bereits seit Jahrhunderten als Heilpflanze bei verschiedenen Erkrankungen und Verletzungen zum Einsatz. Mahatma Gandhi persönlich soll nach anstrengenden und überreizten Tagen einen Tee aus der Rauwolfia-Wurzel genutzt haben, um sich zu entspannen. Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Schlangenwurzel schließlich auch in der westlichen Medizin populär, damals insbesondere als Mittel gegen Bluthochdruck.1

Schlangenwurzel in der ayurvedischen Medizin

In der traditionellen indischen Heilkunst – Ayurveda – hat die Schlangenwurzel seit Jahrhunderten einen festen Platz. Hier ist die Pflanze unter dem indischen Namen „Sarpagandha“ bekannt. Die Menschen nutzten sie vor allem als Pulver, das sie aus der Wurzel herstellten, zu verschiedenen Zwecken; unter anderem:1,2

  • als Gegenmittel bei Schlangenbissen und Insektenstichen
  • bei Malaria und anderen Erkrankungen mit Fieber
  • bei Bauchschmerzen und Durchfall
  • zur Beruhigung der Nerven

 

In der ayurvedischen Medizin wird die Schlangenwurzel-Wirkung oft mit jener von anderen Heilkräutern oder -extrakten kombiniert. Zum Beispiel ergibt sich zusammen mit Schwarzem Bilsenkraut (Khurasani Ajwain), Narde (Jatamansi) und anderen Heilpflanzen das ayurvedische Heilmittel Sarpagandha Ghan Vati. Dieses kommt unter anderem bei Bluthochdruck, Angstzuständen und Schlafstörungen zum Einsatz.3,4

Dr. Loges Wissensbox

Der Name Rauwolfia serpentina geht einerseits auf den deutschen Arzt und Botaniker Leonhard Rauwolf zurück, der die Pflanze im 16. Jahrhundert auf seinen Reisen durch den Orient erforschte. Serpentina (lat. "serpens" = Schlange) beschreibt die schlangenartige Form der Wurzeln, die auch ihren deutschen Namen erklärt.2

Rauwolfia in der Homöopathie

Heute kommt die Schlangenwurzel in erster Linie in der Homöopathie zum Einsatz. Die homöopathische Lehre orientiert sich daran, den menschlichen Organismus als Gesamtsystem zu sehen, das es in Einklang zu bringen gilt. Dazu nutzen Homöopathinnen und Homöopathen stark verdünnte Formulierungen – etwa in Form von Tropfen oder Globuli. Meist ist es das aus der Schlangenwurzel extrahierte Alkaloid Reserpin (Reserpinum), das sich in homöopathischen Präparaten findet und oft Bestandteil sogenannter Komplexhomöopathika ist. Mögliche Einsatzgebiete sind ein erhöhter Blutdruck, leichte Herzbeschwerden, Angst- und Spannungszustände sowie Nervosität und Gereiztheit.2,6

Wie wirkt Schlangenwurzel bei innerer Unruhe und Schlafstörungen?

Schlangenwurzel enthält eine ganze Reihe verschiedener Pflanzenstoffe. Als pharmazeutisch wirksam gelten vor allem ihre zahlreichen Alkaloide; so haben Forschende bereits mehr als 50 sogenannte Indolalkaloide aus der Rauwolfia-Pflanze isoliert. Das bekannteste Alkaloid aus Rauwolfia ist Reserpin. Der Wirkmechanismus von Reserpin ist gut erforscht: Der Stoff bindet an bestimmte Proteinrezeptoren, sogenannte vesikuläre Monamintransporter (VMATs), in bestimmten Nervenzellen.

 

Diese setzen in der Folge weniger chemische Botenstoffe (Neurotransmitter) frei, die das sympathische Nervensystem aktivieren. In der Folge sinken Blutdruck und Herzfrequenz. Gleichzeitig hat Reserpin einen dämpfenden Effekt auf Erregungszustände im Gehirn, da die Reizweiterleitung durch Botenstoffe wie Dopamin und Noradrenalin ausgebremst wird. Möglicherweise können auch andere Alkaloide der Schlangenwurzel dazu beitragen, die innere Ruhe und den Schlaf zu fördern.1,6

Was ist bei Rauwolfia zu beachten?

Pulverzubereitungen aus Schlangenwurzel und der isolierte Wirkstoff Reserpin sind hoch wirksame Arzneimittel mit starken Effekten auf das Gehirn und das Nervensystem, das Herz und die Gefäße. Typische Nebenwirkungen wie Müdigkeit, verstopfte Nase, ein verlangsamter Herzschlag (Bradykardie), Verdauungsstörungen und Potenzstörungen haben dafür gesorgt, dass Rauwolfia-Extrakte und Reserpin in der westlichen Medizin heute praktisch nicht mehr eingesetzt werden. Von einer Selbstmedikation mit Rauwolfia-Pulver oder -Tee ist abzuraten. In homöopathischen Dosierungen sind keine Nebenwirkungen bekannt.2,5,6

Vom Himalaya nach Niedersachsen

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Quellenangaben

1 Lobay, D. Rauwolfia in the Treatment of Hypertension. Integr Med (Encinitas). 2015 Jun;14(3):40-6, Link
2 Schulte-Löbbert, M. Rauwolfia: Blutdrucksenker aus Fernost. Pharmazeutische Zeitung 13/15, Link
3 Pundarikakshudu, K., Bhatt, CJ. Design, Development and Rationalization of Sarpagandha Ghanvati. Indian J Pharm Sci. 2015 Sep-Oct;77(5):626-30, Link
4 Mishra, D., Tubaki, BR. Effect of Brahmi vati and Sarpagandha Ghana vati in management of essential hypertension - A randomized, double blind, clinical study. J Ayurveda Integr Med. 2019 Oct-Dec;10(4):269-276, Link
5 Pschyrembel: Reserpin; Stand: 05/2022, Link (Abrufdatum: 08.04.2024)
6 Cheung, M., Parmar, M. Reserpine. StatPearls Publishing; Stand: 06/2023, Link