Regeneration im modernen Leistungstraining

Regeneration im modernen Leistungstraining

Im modernen Leistungstraining ist die Regeneration fast genauso bedeutsam wie das Training selbst. Eine geordnete Regeneration hilft, die Belastung besser zu verarbeiten und ermöglicht eine baldige Wiederbelastung.

In der Regenerationszeit wird dem Organismus die Chance gegeben, sich den Belastungsreizen anzupassen. Die hauptsächlichen funktionellen Umbauten im Organismus, aus denen eine Steigerung der Leistungsfähigkeit resultiert, gehen zum größten Teil nicht während der Trainingsarbeit, sondern in der Regenerationsphase vor sich.

Regeneration aus sportmedizinischer Sicht

Training bedeutet, dass nach unvollständiger Regeneration (Wiederherstellung) die erneute Belastung erfolgt. In ihrer Addition ist die unvollständige Regeneration zugleich die Voraussetzung dafür, dass sich der Organismus der Belastung anpasst. Nach der Belastung kehren die beanspruchten Funktionssysteme (z.B. Herz-Kreislauf-System, Bewegungsapparat) in zeitlich unterschiedlicher Folge zum Ausgangszustand zurück (siehe Tab. 1).

4. bis 6. Minute

Vollständige Auffüllung der muskulären Creatinphosphat-Speicher

20. Minute

Rückkehr von Herzschlagfrequenz und Blutdruck zum Ausgangswert

20. bis 30. Minute

Ausgleich der Unterzuckerung; nach Kohlenhydrataufnahme Einsetzen eines vorübergehenden Blutzuckeranstieges

30. Minute

Erreichen eines Gleichgewichtszustandes im Säuren-Basen-Haushalt, Abnahme der Lactatkonzentration unter 3 mmol/l

60. Minute

Nachlassen der Proteinsynthesehemmung in beanspruchter Muskulatur

90. Minute

Umschlag von der katabolen in die anabole Stoffwechsellage; verstärkter Eiweißumsatz zur Regeneration und Anpassung

2. Stunde

Überwiegende Wiederherstellung der ermüdeten Funktionen der Muskulatur (erste Stufe motorischer Wiederbelastbarkeit)

6. Stunde bis 1. Tag

Ausgleich im Flüssigkeitshaushalt; Normalisierung des Verhältnisses fester und flüssiger Blutbestandteile (Hämatokrit)

1. Tag

Wiederauffüllung des Leberglykogens

2. bis 7. Tag

Auffüllung des Muskelglykogens in stark beanspruchter Muskulatur

3. bis 5. Tag

Auffüllung der muskulären Fettspeicher (Triglyceride)

3. bis 10. Tag

Regeneration teilzerstörter Muskelfasereiweiße

7. bis 14. Tag

Strukturaufbau in funktionsgestörten Mitochondrien (allmählicher Wiedergewinn der vollen muskulären aeroben Leistungsfähigkeit)

1. bis 3. Woche

Psychische Erholung vom gesamtorganischem Belastungs-Stress und Wiederabrufbarkeit der sportspezifischen Komplexleistung in Kurz-, Mittel- und Langzeitausdauersportarten (LZA I und II, nicht jedoch in LZA III und IV: Marathon, 100-km-Lauf)

Tab. 1: Zeitlicher Ablauf der Regeneration nach sportlichen Belastungen *)

*) Durchschnittswerte; individuell stark von Dauer und Intensität der Belastung sowie der Leistungsfähigkeit beeinflusst

Der Tabelle ist zu entnehmen, dass bei Mehrfachbelastungen am gleichen Tag oder am Folgetag der Erholungszustand der Organsysteme sehr unterschiedlich ist, z.B. normalisiert sich die Herzschlagfrequenz viel schneller, als sich die muskulären Fettspeicher wieder aufgefüllt haben. Um alle Defizite wieder auszugleichen, ist es nötig, dass bestimmte Substrate über die Nahrung (siehe nachfolgenden Beitrag „Ernährung nach dem Wettkampf“) bereitgestellt werden.

Hormonelle Regulation

Um objektiv zu beurteilen, inwieweit sich der Organismus bereits regeneriert hat, wird der sogenannte katabol-anabole (abbauend/aufbauend) Funktionszustand vom Arzt bestimmt. Dazu werden der Insulinspiegel und das Cortisol (Hormon der Nebennierenrinde) ermittelt. Ergibt sich ein hoher Insulinspiegel in Verbindung mit einer abnehmenden Cortisolkonzentration, so ist das ein Zeichen für die Dominanz des anabolen, d.h. des aufbauenden Zustandes des Organismus nach hoher Belastung (siehe Tab. 2).

Katabole Stoffwechsellage
(Dominanz abbauender Regulationen)

Anabole Stoffwechsellage
(Dominanz aufbauender Regulationen)

Insulin

sinkt

Insulin

sinkt

Cortisol

steigt

Cortisol

sinkt

Serumharnstoff

steigt

Testosteron (falls abgefallen)

steigt

Creatinkinase

steigt

Serumharnstoff

sinkt

Aminosäuren

sinken

Creatinkinase

sinkt

Ammoniak, Harnsäure

steigen

Aminosäuren

steigen

Immunglobuline

sinken

Immunglobuline

steigen

Tab. 2: Kennzeichnung der abbauenden (katabolen) und aufbauenden (anabolen) Stoffwechsellage nach hohen Ausdauerbelastungen*)

*) Veränderungen können nach Belastung 1 bis 5 Tage andauern

Andererseits erhält man über den Quotienten aus Cortisol und freiem Testosteron (männliches Sexualhormon) Auskunft, ob sich der Organismus eher im aufbauenden oder abbauenden Zustand befindet. Nach mehrstündigen Ausdauerbelastungen (länger als Marathondistanz) kann z.B. die Konzentration des freien Testosterons ab- und die des Cortisols um den Faktor 2 bis 4 zunehmen.
Um den Organismus ohne Schaden im Sinne des Trainings wieder zu belasten, ist es entscheidend, dass die anabole Richtung dominiert und die erneute Belastung katabole Zustände nicht verstärkt.

Die Regeneration der Muskelzellen

Lange Zeit waren die vom Sportler geäußerten Ermüdungsprobleme in der Muskulatur, die vom erfahrenen Trainer mit sportmethodischen Maßnahmen ausbalanciert wurden, nicht so recht in ihrer Ursache bekannt. Inzwischen ist durch muskelbioptische Untersuchungen gesichert, dass es durch ungewohnte Belastungen zu Muskelfaserrissen und Zerstörungen von Zellmembranen (Zellwand) kommen kann. Die mildeste Form dieser Störung ist der bekannte Muskelkater. Er hat nichts mit einer bisher oft angenommenen Übersäuerung des Muskels zu tun. Eine Folge dieser Strukturstörung ist der hohe Anstieg der Creatinkinase. Nicht alle Anstiege des CK-Wertes, besonders wenn sie nur das 4 bis 5fache des Trainingsdurchschnittswertes betragen, sind allerdings Ausdruck von ultrastrukturellen Zerstörungen. Die stärksten Funktions- und Strukturstörungen rufen ungewohnte exzentrische Muskelbelastungen (gegen die gewohnte Kontraktionsrichtung des Muskels) hervor, wie z.B. das Laufen auf hartem Untergrund und besonders das Bergablaufen. Auch Extremausdauerbelastungen (Marathon, Ironman, 100-km-Lauf u. a.) stören das aerobe (!) Energiegewinnungspotenzial infolge der anhaltenden Energienot. Deshalb ist die dafür notwendige Regenerationszeit viel länger, als sie zur Auffüllung der Glykogenspeicher (Kohlenhydratspeicher) nötig wäre. Die Regeneration der hoch belasteten Muskulatur, die die größte Bedeutung bei der Regeneration des Organismus überhaupt hat, wird durch sportmethodische, diätetische und physiotherapeutische Maßnahmen unterstützt.

Die regenerationsfördernden Maßnahmen müssen immer in ihrer Komplexität gesehen und auch gestaltet werden. Das Hauptziel ist und bleibt die Wiederaufnahme der Belastung im gewohnten Trainingsrahmen.

Verfasser:
Prof. Dr. med. habil. Georg Neumann
Institut für angewandte Trainingswissenschaften; Leipzig
 

Regeneration aus sportmethodischer Sicht

Regenerationsmaßnahmen (Überblick)

  • Cool-down Programme mit Lockerungs- und Dehnungsübungen
  • Regenerations- Entspannungstechniken und Kompensationstraining (REKOM)
  • Erholungstage, Entlastungswochen, Aktivurlaub
  • Wärmeanwendungen wie Entmüdungsbäder, Entspannungsduschen, Sauna,Fangopackungen, Moorbäder
  • Kälte- und Eisanwendungen
  • Massage
  • Solarium
  • Ausreichender Schlaf
  • Autogenes Training
  • Ausgleich von Flüssigkeits- und Energiedefizit
  • Regenerationsfördernde Substanzen

Regenerationsfördernde Substanzen

Energiestoffwechsel:

Komplexhydrate, Creatin, verzweigtkettige Aminosäuren, mittelkettige Fettsäuren

Mikronährstoffe:

Magnesium, Zink, Selen, Chrom, VitaminC

Antioxidanzien:

Vitamin E, Selen, Vitamin C, Betacarotin

Antikatabolika:

Glutamin, verzweigtkettige Aminosäuren, Beta-Hydroxy-Beta-Methylbutyrat, Arginin, Ornithin, Kohlenhydrat-Proteingemische

Immunstimulanzien:

Sonnenhut (Echinacea), L-Carnitin, Eberraute, Mistel, Kamille u.a.

Eine Erhöhung der sportlichen Leistungsfähigkeit setzt voraus, dass über einen gewissen Zeitraum reizwirksame Belastungen gesetzt werden und der Organismus in den Regenerationsphasen die Chance hat, sich den Belastungsreizen anzupassen. Die Wiederherstellung des Ausgangsniveaus der beanspruchten Stoffwechselsubstanzen (anaboler Prozess) benötigt Zeiträume unterschiedlicher Dauer (Tab. 1). Einige Substanzen wie das Muskel- und Leberglykogen (Kohlenhydrate) können in der Wiederherstellungsphase bei kohlenhydratreicher Kost sogar über das Ausgangsniveau hinaus gespeichert werden. Dieser Effekt wird als Superkompensation bezeichnet. Die Superkompensation der Energiedepots ist für die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit in den Ausdauersportarten insbesondere vor Wettkampfbelastungen äußerst bedeutsam. Viele Trainingskonzepte basieren auf der Superkompensationstheorie, wenngleich sie für die meisten Stoffwechselsubstanzen nicht bewiesen ist. Die Wiederauffüllung von Muskel- und Leberglykogen nach starker Entleerung der Speicher ist in wenigen Tagen möglich, die Regeneration bestimmter Muskelfasereiweiße (kontraktile Proteine) oder die psychische Erholung von starken Stressbelastungen kann deutlich längere Zeiträume in Anspruch nehmen. Die planmäßige Regeneration hilft, die Belastung besser zu verarbeiten und ermöglicht die baldige Wiederherstellung der Ausgangsleistung. Aus sportmethodischer Sicht können die Regenerationprozesse in vier Phasen eingeteilt werden:

  1. fortlaufende Regeneration in der Trainingseinheit
  2. unmittelbare Regeneration nach sportlichen (Wettkampf-)Belastungen
  3. nachwirkende Regeneration im Mikrozyklus (=detaillierte Trainingsgestaltung über  eine Woche)
  4. erweiterte Regeneration im Makrozyklus (=Mehrwochenzyklus)

Die fortlaufende Regeneration

Innerhalb einer Trainingseinheit laufen Ermüdung durch die Belastung und Wiederherstellung parallel ab. Sportmethodisch gesehen hat die fortlaufende Regeneration die größte Bedeutung für die Planung des Trainingsaufbaus, die Wahl der notwendigen Übungen, die Bestimmung ihrer Reihenfolge sowie für die Festlegung der Pausenlänge bzw. Pausendauer. Eine zu frühe Ermüdung während des Trainings kann durch sportartspezifische Erholungsphasen, den Ausgleich von Flüssigkeitsverlusten und durch Zufuhr von Energie verhindert werden. Diese Maßnahmen unterstützen die Gleichgewichtszustände, die im Verlauf der Muskelarbeit verändert wurden. Nach extensiven Intervall- oder Serienbelastungen wird die Erholungsphase vorzugsweise aktiv gestaltet (z. B. lockeres Laufen nach einem extensiven Intervalllauf). Die Erholungsdauer nimmt bei hochintensiven Belastungen (Wiederholungen, Serien) deutlich zu. Besonders lange Pausen erfordert ein Maximalkrafttraining, das auf eine Zunahme der Muskelkraft gerichtet ist. Nach dem Heben einer maximalen Trainingslast sind etwa 10 bis 15 min zur vollständigen Wiederherstellung erforderlich. Bei gewöhnlichen Pausenzeiten von 3 bis 5 min nimmt die Ermüdung während einer Serienbelastung zu. Es ist ineffektiv, einen neuen Belastungsreiz zu setzen, wenn nicht ein bestimmter Grad der Wiederherstellung der beanspruchten Strukturen sichergestellt ist. Schnellkraft, Maximalkraft- und Sprintübungen werden in der Trainingspraxis häufig zu dicht aufeinander ausgeführt.

Die unmittelbare Regeneration

Nach Extrem- oder Wettkampfbelastungen sollte die motorische Wiederbelastung erst nach überwiegender Wiederherstellung der ermüdeten Funktionen der Muskulatur erfolgen. Nach Trainingsbelastungen allerdings kann die Erholungsphase unmittelbar im Anschluss aktiv gestaltet werden. Hierzu bieten sich Dauerbelastungen in niedriger Intensität und kurzer Dauer (15-30 min) an. Neben sportartspezifischen Cool-down- und Stretching-Programmen sind kompensierende Belastungen aus anderen Sportarten zu empfehlen (z. B. lockeres Laufen, Radfahren oder Schwimmen unmittelbar nach dem Krafttraining oder Spiel). Besonders wichtig ist in dieser unmittelbaren Regenerationsphase der Ausgleich von Wasserverlusten und die Wiederauffüllung der Kohlenhydratspeicher (s. Beitrag Dr. Zapf).


 

Mikrozyklus aus der Sicht der Superkompensationstheorie: Die Erholungsintervalle zwischen den ersten drei Trainingseinheiten sind bewusst zu kurz gewählt, um den Belastungsreiz zu erhöhen. Erst die längere Erholungsphase danach führt zu einer weitgehend vollständigen Regeneration.

Die nachwirkende Regeneration

Das Erfolgsgefühl nach einem Wettkampf darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Muskel nach einer Extrembelastung besonders aufmerksam und vorsichtig zu beanspruchen ist. Nach Marathonläufen ist mit einer Muskelregeneration von mindestens 5 bis 10 Tagen zu rechnen. In dieser Zeit sollten keinesfalls neue Wettkämpfe geplant oder durchgeführt werden. Sportler, die es dennoch in psychischer Übersteuerung taten, liefen monatelang ihrer Form hinterher. Analysiert man die „nachwirkende Regeneration“, so kann man daraus Rückschlüsse für den sogenannten Mikrozyklus ziehen. Das erlaubt das richtige Timing von Trainingseinheiten verschiedener Zielsetzung, den Einsatz zusätzlicher Erholungstage usw. Nach extremen Trainings- und Wettkampfbelastungen kann man in den folgenden Tagen mit kompensierenden Belastungen die beanspruchten Organsysteme in ihrer Regeneration fördern. Das Regenerations- und Kompensationstraining (REKOM) hat nach hochintensiven Belastungen einen anderen Inhalt als nach langandauernden extensiven Belastungen. Die Auswahl der motorischen Programme werden von dem Ziel der zu regenerierenden Systeme bestimmt. So kann eine lange Radfahrt ermüdend auf Muskulatur und Bewegungsapparat wirken, demgegenüber aber entspannend und regenerierend auf Funktionen des Zentralnervensystems. Es gibt also viele sportliche Übungen, die bestimmte Organsysteme ermüden, andere hingegen gleichzeitig regenerieren. Von daher ist ein sinnvoller Wechsel der Trainingsmittel und Methoden im Mikrozyklus notwendig, um einerseits auf die unterschiedlichen zeitlichen Abläufe der Regeneration Einfluss zu nehmen und damit einer „peripheren" Ermüdung entgegenzuwirken, andererseits um die Trainingsbelastungen weiter erhöhen zu können.

Die erweiterte Regeneration

Erweiterte Regenerationsmaßnahmen zur Steuerung eines mehrwöchigen Belastungszyklus (Makrozyklus) sind erforderlich, um eine „zentrale" Ermüdung zu vermeiden. Im Allgemeinen gehen mit der zentralen Ermüdung über einen längeren Zeitraum Erscheinungen wie Trainingsunlust, Konzentrationsschwäche, verminderter Appetit, Schlafstörungen, Abnahme der Leistungsfähigkeit einher. Als wesentliche Regenerationsmaßnahmen sind hier Entlastungswochen mit deutlich reduzierten Trainingsbelastungen, einem Wechsel von Anforderungsinhalten und der Einbettung von psychisch entspannenden Aktivitäten zu empfehlen. Ziel solcher aktiven Regenerationswochen (Aktivurlaub) ist es, die psychische Ermüdung bei weitgehender Stabilität der physischen Leistungsfähigkeit zu verringern, das Immunsystem zu stärken und evtl. Verletzungen auszukurieren. Welche Aktivitäten gewählt werden, muss nach individuellen Bedürfnissen und der jeweiligen Ausgangssituation entschieden werden. Bergwandern, alpines Skilaufen, Skilanglauf, Surfen, Radtouren sind hierfür sehr beliebt. Grundsätzlich sind alle Maßnahmen, die gerne und mit Muße zur Anwendung kommen, zu empfehlen. Dazu zählen auch naive Entspannungstechniken wie Kinobesuch, Musikhören, Fernsehen etc..

Verfasser:
Prof. Dr. Kuno Hottenrott
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
 

Regeneration aus Sicht der Ernährung

Während intensiver Trainings- oder Wettkampfbelastungen kommt es in unterschiedlichem Ausmaß zu einem Flüssigkeitsdefizit, zu einer Entleerung von Energiespeichern und zur Ermüdung oder Erschöpfung. Mit dem Ende der Belastung beginnt die Regenerationsphase, in der sich der Körper wieder erholt und alle Defizite ausgleicht. Die Dauer dieses Prozesses wird ganz wesentlich durch das Ernährungsverhalten mitbestimmt. Da jeder Sporttreibende, der eine persönliche Bestleistung erzielen möchte, gleichgültig, ob Profi oder Freizeitsportler, seinen Stoffwechsel maximal beansprucht, gelten für beide Gruppen im Wesentlichen die gleichen Empfehlungen zur Anwendung spezifischer Ernährungsmaßnahmen.

Flüssigkeitsdefizit beseitigen

Der Ausgleich des Wasserverlustes hat erste Priorität seitens der Nahrungsaufnahme nach dem Training/Wettkampf (Wasserdefizit in Litern = Körpergewichtsverlust in kg minus 0,5). Trotz Flüssigkeitsverlust wird ein Teil der getrunkenen Flüssigkeit mit dem Urin wieder ausgeschieden. Deshalb ist die benötigte Trinkmenge in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Getränks etwas höher als das errechnete Defizit (Faktor 1,3 - 2,0, bei reinem Wasser 2,0). Reines Wasser wird vom Körper schneller wieder ausgeschieden als Getränke, die ca. 500 bis 1000 mg/l Natrium enthalten. Da ein Flüssigkeitsverlust auch die Aufnahmefähigkeit anderer Nahrung aus dem Magen-Darm-Trakt vermindern kann, sollte er zuerst ausgeglichen werden.

Wiederauffüllung entleerter Kohlenhydratspeicher (KH-Speicher)

Die rasche Wiederauffüllung entleerter KH-Speicher ist aus ernährungsphysiologischer Sicht der zentrale Punkt regenerativer Maßnahmen. Die KH-Speicher sind in der Regel bei Ausdauerwettkämpfen, die länger als 90–120 min dauern, weitgehend erschöpft. Bei hochintensiven intervallartigen Belastungen (z. B. Spiele) können sie bereits nach wesentlich kürzerer Zeit entleert sein. Der Körper befindet sich in dieser Situation in einem katabolen (=abbauenden) Stoffwechselzustand. Er muss vermehrt Fette, Muskeleiweiß und Plasma-Aminosäuren abbauen, um den Abfall des Blutzuckerspiegels möglichst gering zu halten und den erforderlichen Energiebedarf zu sichern. Werden nach Belastungsende keine KH mit der Nahrung zugeführt, so verbleibt der Körper längere Zeit in diesem katabolen Zustand, weil er den lebensnotwendigen Traubenzucker selbst aus Fetten und Eiweißen bilden muss. Erst wenn die KH-Versorgung durch die Nahrungszufuhr wieder gesichert ist, können hormonelle Umstellungen den Körper wieder in eine anabole (=aufbauende) Phase bringen, in der er sich vollständig regenerieren kann. Um sich zwischen zwei längeren intensiven Belastungen vollständig zu erholen, benötigt der Organismus eine gewisse Zeit, um seine Kohlenhydratspeicher wieder aufzufüllen. Sie beträgt nach weitgehender Speicherentleerung im optimalen Fall ca. 20 Stunden und ist abhängig vom Zeitpunkt, von der Art und von der Menge der aufgenommenen KH. Bei unzureichender KH-Zufuhr kann sie sich bis auf mehr als die doppelte Dauer verlängern.

Empfehlungen zum praktischen Vorgehen

Unmittelbare Nachbelastungsphase (0-1 Stunde)

Diese Phase ist geprägt von der Notwendigkeit des Flüssigkeitsausgleiches. Da in den ersten Stunden die KH am schnellsten aufgenommen werden, müssen sie auch von Beginn an zugeführt werden. Viele Athleten sind unmittelbar nach dem Wettkampf noch nicht in der Lage, feste Nahrung zu sich zu nehmen. In dieser Phase empfiehlt es sich daher, die KH-Zufuhr über entsprechende Getränke zu realisieren. Geeignete Getränke haben einen KH-Gehalt von 60-80 g/Liter. Je nach Geschmack und Verträglichkeit können auch nach Ausgleich des Flüssigkeitsdefizits Colagetränke, Malzgetränke, verdünnte Fruchtsaftschorlen oder alkoholfreies Bier konsumiert werden. Reine Fruchtsäfte in größerer Menge sind weniger gut geeignet, da sie die Schleimhäute des ohnehin gestressten Magen-Darmtraktes reizen und somit Bauchschmerzen und Völlegefühl auslösen können.
Athleten, die keine Probleme mit der frühzeitigen Aufnahme fester Nahrung haben, können in dieser Phase auch bereits leicht verdauliche, kohlenhydratreiche, schnell resorbierbare Nahrung zu sich nehmen (siehe Tab. 3).

Nahrungsmittel

Verzehrmenge, die 50 g KH enthält

Weißbrot

96 g (ca. 4 Scheiben)

Kartoffeln gekocht

294 g, 2-3 mittelgroße

Nudeln gekocht

286 g (75 g trocken)

Reis gekocht

256 g (65 g trocken)

Haferflocken

85 g

Apfel

403 g, ca. 3 Stück

Banane

250 g, ca. 2 Stück

Powerbar

1 ¼ Riegel

Fruchtschnitten

75-80 g bis 1 ½ Pck.

Isostar

770 ml

Gatorade

830 ml

Malztrunk mit Zucker

375 ml

Coca-Cola

462 ml

Alkoholfreies Bier

870 ml

Apfelsaftschorle 1:1

900 ml

Tab. 3: KH-Gehalt verschiedener Lebensmittel

Erweiterte Nachbelastungsphase bis 6 Stunden nach Belastungsende

Von Beginn an sollte auf eine KH-Zufuhr von durchschnittlich 25 g/Std. geachtet werden Dabei ist es gleichgültig, ob dies in vielen kleinen Portionen oder in wenigen großen Portionen erfolgt. Die Kohlenhydratzufuhr schließt in dieser Phase neben Getränken auch feste Nahrung mit ein. Diese sollte zu mindestens 70% aus Kohlenhydraten bestehen, die schnell bis mittelschnell vom Körper aufgenommen werden. Der Fettanteil sollte in dieser Phase noch niedrig sein, ebenso der Eiweißanteil, der in erster Linie aus leicht verdaulichem Eiweiß bestehen sollte. Auch ein hoher Ballaststoffgehalt ist in dieser Phase eher noch unerwünscht, da er eine längere Magenverweilzeit, schnelleres Sättigungs- oder Völlegefühl und damit eine verminderte KH-Aufnahme bewirken kann. Geeignet sind zuckerhaltige Getränke, Maltodextrin, Rosinen, Energieriegel, stärkehaltige Produkte (gekochter Reis, Nudeln, Kartoffeln, Schmelzflocken etc.). Wer auf zuckerhaltige Produkte verzichten möchte, kann seine KH-Speicher durch Zufuhr stärkereicher, rasch resorbierbarer Nahrung nahezu mit gleicher Wirkung auffüllen. Weniger geeignet sind in dieser Phase Schokolade und Kuchen wegen ihres hohen Fettgehaltes. Ungeeignet sind Fleisch- und Wurstwaren, vollfette Milchprodukte, Käse, Salate und Rohkost im Übermaß. Das Nahrungsangebot vieler Veranstalter nach Wettkampfende mit Kuchen, Bratwürsten, belegten Broten etc. ist gerade in dieser Phase oft nicht optimal. Hier wäre eigentlich nochmals eher eine Pasta-Party ohne fette Saucen geeignet!

Späte Nachbelastungsphase (6 bis 24 Std. nach Belastungsende)

Falls die nächste Belastung nicht noch am gleichen Tag (Turnierspiele) oder gleich wieder am nächsten Tag (Etappenwettkämpfe, Trainingslager) stattfindet, wird für diesen Zeitraum eine kohlenhydratreiche Normalkost mit mittelschnell und langsam verdaulichen KH (Getreideprodukte, Reis, Kartoffeln, Gemüse vorwiegend gegart oder gekocht, Obst) empfohlen. Bei Etappenrennen reicht die KH- und Energiezufuhr mit Normalkost nicht aus, da durch das höhere Nahrungsvolumen nicht so viel gegessen werden kann. Der Bedarf von bis zu 12 g pro kg Körpergewicht muss dann mit diätetischen Lebensmitteln mit hoher Energie- und KH-Dichte (Getränke, Stärke, Zucker, Maltodextrin) abgedeckt werden. Viele Athleten bevorzugen nach Wettkämpfen relativ fettreiche Nahrung, sodass die Fettzufuhr mit 35–40 % schon wesentlich höher ist als empfohlen (20–30%). Die Folge ist nicht selten eine ungenügende KH-Aufnahme in den ersten 24 Stunden nach einem Wettkampf. Da die Fettspeicher keinen leistungsbegrenzenden Faktor darstellen, gibt es mit Ausnahme extremer (Etappen-) Langzeitbelastungen keinen Grund für eine zusätzliche Fettzufuhr. Die Verträglichkeit von Gemüsen kann in dieser Phase durch leichtes Kochen oder Garen erheblich verbessert werden, ohne dass ein übermäßiger Vitaminverlust eintritt. Mageres Fleisch (z.B. Geflügel) ist ein wertvoller Lieferant von Aminosäuren, Eisen, Zink, Magnesium und B-Vitaminen.

Ersatz verloren gegangener Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe

Der bevorzugte Verzehr vollwertiger Kost in dieser späten Phase begünstigt einen weiteren wichtigen Regenerationsfaktor: den Ersatz wichtiger Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Zuckerhaltige energiedichte Nahrung zeichnet sich zwar in der Regel durch rasche Verfügbarkeit aus, sie besitzt aber eine sehr geringe Nährstoffdichte, d. h. sie ist arm an Mikronährstoffen. Besondere Bedeutung kommt den Elementen Eisen, Zink, Magnesium, Kalium, Kalzium, Kupfer und Chrom, den B-Vitaminen, den antioxidativen Vitaminen C und E sowie den einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren zu. Der erhöhte Eiweißbedarf in der Regenerationsphase kann nach gegenwärtigem Wissensstand durch die natürliche Nahrung gedeckt werden, sodass auf eiweißhaltige Zusatzpräparate verzichtet werden kann. Ob bei Beachtung einer energetisch ausgeglichenen vollwertigen Nachwettkampfernährung eine zusätzliche Zufuhr von Vitamin- und Mineralstoffpräparaten erfolgen muss, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht eindeutig beantworten. Tatsache ist, dass in den Tagen nach erschöpfenden Belastungen eine vorübergehende Schwächung der körpereigenen Abwehrkräfte mit erhöhter Anfälligkeit für Erkrankungen und Infekte der oberen Atemwege besteht, und der Körper mit zahlreichen Reparaturvorgängen im Bereich der beanspruchten Strukturen beschäftigt ist. Obwohl wissenschaftlich noch nicht eindeutig belegbar, kann die vorübergehende zusätzliche Einnahme von B-Vitaminen, antioxidativen Vitaminen (z.B. Vitamin C 1–2 g/Tag, Vitamin E 500–1000 mg/Tag) und den Mineralstoffen Zink (50–100 mg/Tag) und Magnesium (300–500 mg/Tag) zur Stabilisierung der körpereigenen Abwehr und zur Beschleunigung der Regenerations-vorgänge beitragen.

 

Verfasser: Dr. med. Jürgen Zapf
ZaGoMed – Gesellschaft für präventive Gesundheitsleistungen und Sportmedizin
Bayreuth

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